Alte Schulstraße 9: Unterschied zwischen den Versionen

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2-geschossiges Wohnhaus in 4 Achsen, Backstein, erbaut 2. Hälfte 19. Jahrhundert.<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Kempen Liste_der_Baudenkmäler_in_Kempen]</ref>
 
2-geschossiges Wohnhaus in 4 Achsen, Backstein, erbaut 2. Hälfte 19. Jahrhundert.<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Kempen Liste_der_Baudenkmäler_in_Kempen]</ref>
----Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert lebte hier der Metzger Abraham Lambertz. Er war seit 1858 verheiratet mit Carolina Schieren (geb. 1830, Hardter Broich/Mönchengladbach, gest. 10.12.1912 in Kempen). Ihr Sohn Simon (geb. 17.7.1859, gest. 21.5.1928 im Haus Schulstraße 8) heiratete Berta Reiß, ihre Tochter Regina (geb. 2.8.1865, verst. 29.12.1933, jeweils in Kempen) blieb anscheinend unverheiratet. Später erscheint im Adressbuch dann der Viehhändler Adolf Lambertz, wahrscheinlich auch ein Sohn von Abraham und Carolina. Ihn findet man noch 1937 als Rentner im Kempener Adressbuch. Die jüdische Familie Lambertz erschien damals in den Adressbüchern unter den Adressen Schulstraße 8 und 9. Im Nachbarhaus [[Alte Schulstraße 8]] (damals noch nur ''Schulstraße'') lebte der Viehhändler Simon Lambertz.   
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----[[Datei:Alte Schulstraße 9 - 2021.jpg|mini|545x545px|Alte Schulstraße 9 im Jahr 2021]]Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert lebte hier der Metzger Abraham Lambertz. Er war seit 1858 verheiratet mit Carolina Schieren (geb. 1830, Hardter Broich/Mönchengladbach, gest. 10.12.1912 in Kempen). Ihr Sohn Simon (geb. 17.7.1859, gest. 21.5.1928 im Haus Schulstraße 8) heiratete Berta Reiß, ihre Tochter Regina (geb. 2.8.1865, verst. 29.12.1933, jeweils in Kempen) blieb anscheinend unverheiratet. Später erscheint im Adressbuch dann der Viehhändler Adolf Lambertz, wahrscheinlich auch ein Sohn von Abraham und Carolina. Ihn findet man noch 1937 als Rentner im Kempener Adressbuch. Die jüdische Familie Lambertz erschien damals in den Adressbüchern unter den Adressen Schulstraße 8 und 9. Im Nachbarhaus [[Alte Schulstraße 8]] (damals noch nur ''Schulstraße'') lebte der Viehhändler Simon Lambertz.   
  
Beide Häuser gehörten vor dem Krieg Adolf Lambertz. Er besaß zudem einige Grundstücke im Gebiet Peschweg/Wiesenstraß/Oedter Pfad.<ref>vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1235 auf S. 370</ref> Der 80-jährige Junggeselle Andreas, genannt Adolph Lambertz - so Kaiser<ref>Kaiser spricht von "Andreas, genannt Adolph", obwohl 1937 im offiziellen Adressbuch ein Rentner Adolf Lambertz verzeichnet ist. Vielleicht war es ja eher umgekehrt wie bei Adolph, genannt Andreas Rath von der Umstraße 8, den Kaiser in seinem Buch beschreibt.</ref> - musste nach Dezember 1941 zwangsweise zu den Geschwistern Ajakobi in der [[Josefstraße 7]] ziehen.<ref>vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 410f.</ref> "Im guten Glauben, noch frei über seinen Besitz verfügen zu können, stellte" er "noch im Dezember 1941 ein Testament über seine beiden Häuser Schulstraße 8 und 9 aus (StAK A 3224).<ref>Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1306 auf S. 386</ref> Laut Kaiser wohnten in der Schulstraße 9 auch noch Regina Lambertz und Adolfs Haushälterin<ref>vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 418</ref> Sophie Buchdahl (geb. am 23.4.1880 in Lichtenau, Krs. Büren/Westfalen), die am 11. Dezember 1941 nach Riga deportiert wurde.<ref>vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnoten 1652ff. auf S. 467</ref> Beide Häuser, Schulstraße 8 und 9, standen dann zunächst unter Verwaltung des Kempener Finanzamtes. "Bereits 1941 waren die Häuser Schulstraße 8 und 9 im Grundbuch als Besitz von Kaufmann Ernst Evers aus Düsseldorf, Düsseldorf, Friedrichstraße 32 eingetragen (KVK Mutterrolle Stadt Kempen 2331/3220), dessen Ehefrau Erna geb. Lambertz die Nichte von Andreas Lambertz und von ihm als Universalerbin eingesetzt worden war (StAK A 3224). Als Lambertz am 7.3.1942 in Kempen im ''Judenhaus'' Josefstr. 7 verstorben war, konnten sie den von der Reichsfinanzbehörde verwalteten Besitz natürlich nicht antreten. S. auch die Entschädigungssache Adolf Andreas Lambertz (KAV KK 12065)."<ref>Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1277 auf S. 381<br>
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Beide Häuser gehörten vor dem Krieg Adolf Lambertz. Er besaß zudem einige Grundstücke im Gebiet Peschweg/Wiesenstraß/Oedter Pfad.<ref>vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1235 auf S. 370</ref> Der 80-jährige Junggeselle Andreas, genannt Adolph Lambertz - so Kaiser<ref>Kaiser spricht von "Andreas, genannt Adolph", obwohl 1937 im offiziellen Adressbuch ein Rentner Adolf Lambertz verzeichnet ist. Vielleicht war es ja eher umgekehrt wie bei Adolph, genannt Andreas Rath von der Umstraße 8, den Kaiser in seinem Buch beschreibt.</ref> - musste nach Dezember 1941 zwangsweise zu den Geschwistern Ajakobi in der [[Josefstraße 7]] ziehen.<ref>vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 410f.</ref> "Im guten Glauben, noch frei über seinen Besitz verfügen zu können, stellte" er "noch im Dezember 1941 ein Testament über seine beiden Häuser Schulstraße 8 und 9 aus (StAK A 3224).<ref>Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1306 auf S. 386</ref> Laut Kaiser wohnten in der Schulstraße 9 auch noch Regina Lambertz und Adolfs Haushälterin<ref>vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 418</ref> Sophie Buchdahl (geb. am 23.4.1880 in Lichtenau, Krs. Büren/Westfalen), die am 11. Dezember 1941 nach Riga deportiert wurde.<ref>vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnoten 1652ff. auf S. 467</ref>  
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Beide Häuser, Schulstraße 8 und 9, standen dann zunächst unter Verwaltung des Kempener Finanzamtes. "Bereits 1941 waren die Häuser Schulstraße 8 und 9 im Grundbuch als Besitz von Kaufmann Ernst Evers aus Düsseldorf, Düsseldorf, Friedrichstraße 32 eingetragen (KVK Mutterrolle Stadt Kempen 2331/3220), dessen Ehefrau Erna geb. Lambertz die Nichte von Andreas Lambertz und von ihm als Universalerbin eingesetzt worden war (StAK A 3224). Als Lambertz am 7.3.1942 in Kempen im ''Judenhaus'' Josefstr. 7 verstorben war, konnten sie den von der Reichsfinanzbehörde verwalteten Besitz natürlich nicht antreten. S. auch die Entschädigungssache Adolf Andreas Lambertz (KAV KK 12065)."<ref>Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1277 auf S. 381<br>
 
KVK = Kreis Viersen Katasteramt<br>
 
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StAK = Stadtarchiv Kempen<br>
 
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KAV = Kreisarchiv Viersen</ref>[[Datei:Alte Schulstraße 9 - 2021.jpg|mini|545x545px|Alte Schulstraße 9 im Jahr 2021]]
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KAV = Kreisarchiv Viersen</ref>
 
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Version vom 27. Juni 2021, 13:57 Uhr

2-geschossiges Wohnhaus in 4 Achsen, Backstein, erbaut 2. Hälfte 19. Jahrhundert.[1]


Alte Schulstraße 9 im Jahr 2021

Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert lebte hier der Metzger Abraham Lambertz. Er war seit 1858 verheiratet mit Carolina Schieren (geb. 1830, Hardter Broich/Mönchengladbach, gest. 10.12.1912 in Kempen). Ihr Sohn Simon (geb. 17.7.1859, gest. 21.5.1928 im Haus Schulstraße 8) heiratete Berta Reiß, ihre Tochter Regina (geb. 2.8.1865, verst. 29.12.1933, jeweils in Kempen) blieb anscheinend unverheiratet. Später erscheint im Adressbuch dann der Viehhändler Adolf Lambertz, wahrscheinlich auch ein Sohn von Abraham und Carolina. Ihn findet man noch 1937 als Rentner im Kempener Adressbuch. Die jüdische Familie Lambertz erschien damals in den Adressbüchern unter den Adressen Schulstraße 8 und 9. Im Nachbarhaus Alte Schulstraße 8 (damals noch nur Schulstraße) lebte der Viehhändler Simon Lambertz.

Beide Häuser gehörten vor dem Krieg Adolf Lambertz. Er besaß zudem einige Grundstücke im Gebiet Peschweg/Wiesenstraß/Oedter Pfad.[2] Der 80-jährige Junggeselle Andreas, genannt Adolph Lambertz - so Kaiser[3] - musste nach Dezember 1941 zwangsweise zu den Geschwistern Ajakobi in der Josefstraße 7 ziehen.[4] "Im guten Glauben, noch frei über seinen Besitz verfügen zu können, stellte" er "noch im Dezember 1941 ein Testament über seine beiden Häuser Schulstraße 8 und 9 aus (StAK A 3224).[5] Laut Kaiser wohnten in der Schulstraße 9 auch noch Regina Lambertz und Adolfs Haushälterin[6] Sophie Buchdahl (geb. am 23.4.1880 in Lichtenau, Krs. Büren/Westfalen), die am 11. Dezember 1941 nach Riga deportiert wurde.[7]


Beide Häuser, Schulstraße 8 und 9, standen dann zunächst unter Verwaltung des Kempener Finanzamtes. "Bereits 1941 waren die Häuser Schulstraße 8 und 9 im Grundbuch als Besitz von Kaufmann Ernst Evers aus Düsseldorf, Düsseldorf, Friedrichstraße 32 eingetragen (KVK Mutterrolle Stadt Kempen 2331/3220), dessen Ehefrau Erna geb. Lambertz die Nichte von Andreas Lambertz und von ihm als Universalerbin eingesetzt worden war (StAK A 3224). Als Lambertz am 7.3.1942 in Kempen im Judenhaus Josefstr. 7 verstorben war, konnten sie den von der Reichsfinanzbehörde verwalteten Besitz natürlich nicht antreten. S. auch die Entschädigungssache Adolf Andreas Lambertz (KAV KK 12065)."[8]


Einträge in alten Adressbüchern:

1898

  • Lambertz, Abraham, Metzger

1912

  • Lambertz, Abraham, Wwe., Rentnerin
  • Lambertz, Adolf, Viehhdlr.

1937

  • Lambertz, Adolf, Rentner

1959

  • Holl, Josef, Schlosser
  • Offermanns, Adolf, Drucker



Quellen:

  1. Liste_der_Baudenkmäler_in_Kempen
  2. vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1235 auf S. 370
  3. Kaiser spricht von "Andreas, genannt Adolph", obwohl 1937 im offiziellen Adressbuch ein Rentner Adolf Lambertz verzeichnet ist. Vielleicht war es ja eher umgekehrt wie bei Adolph, genannt Andreas Rath von der Umstraße 8, den Kaiser in seinem Buch beschreibt.
  4. vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 410f.
  5. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1306 auf S. 386
  6. vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 418
  7. vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnoten 1652ff. auf S. 467
  8. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1277 auf S. 381
    KVK = Kreis Viersen Katasteramt
    StAK = Stadtarchiv Kempen
    KAV = Kreisarchiv Viersen