Markt 7

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Die Löwenapotheke am Markt um 1935 und 2013. Seit 2013 beherbergt das Haus keine Apotheke mehr.

Dreigeschossiges Wohn- und Geschäftshaus mit Walmdach, Mitte 18. Jh. Zum Buttermarkt hin vier Achsen, zur Ellenstraße eine Fensterachse, die Putzfassade ist an den Ecken durch bossenartig gegliederte Pilaster begrenzt. Eine vertikale Fassadengliederung ist nicht vorhanden. Die Fenster zum Buttermarkt hin besitzen im I. und II. OG noch die alte Sprossenteilung, ebenso das Fenster der rechten Achse im Erdgeschoss. Eingangstür in Sandsteingewände mit Kunstschmiedegitter im Oberlicht. Die Fenster der beiden übrigen Achsen sind einscheibig, entsprechend ihrer Funktion als Schaufenster.[1]

Das Haus Buttermarkt 7 ist in der Denkmalliste eingetragen. Die Denkmalbeschreibung lautet: "3-geschossiges Wohnhaus in 4 Achsen aus dem 18. Jahrhundert; verputzt mit Ecklisenen. Portal in Blausteingewände mit schmiedeeisernem Gitter in der Suptraporte."


Aus der 200jährigen Geschichte der Löwenapotheke

Am 17. Februar 1810 teilte Kempens Bürgermeister Thissen dem Aachener Präfekten in einem Brief mit, er habe dem ehrenwerten Herrn Nicolas Marcelli, Apotheker in Kempen, die Konzession zugestellt. Im dem Baumeisterhaus Judenstraße 7 an der Ecke zur Alten Schulstraße eröffnete der Apotheker dann die Apotheke 'Zum goldenen Löwen'.

Das Portalfenster der Löwenapotheke Markt 7

Marzellis Nachfolger August Hucklenbroich verlegte die Apotheke 1887 von der Judenstraße in das heutige Gebäude am Markt. Das hieß damals "das Bürgermeisterhaus" oder auch das Tenhoff'sche Haus; denn errichtet hatte es Joseph Tenhaff, der 1800 erster Kempener Bürgermeister unter der französischen Verwaltung war. Seither trägt die Apotheke den Namen "Löwen-Apotheke". Die Oberlichtvergitterung mit zwei geschmiedeten Löwen wurde erst 1949 gefertigt vom Kunstschmiedemeister Fritz Rasch aus Kevelaer.[2]

Schon im Adressbuch von 1879 erschienen unter der Rubrik Apotheken zwei Einträge: Dr. J. Reuland und die Apotheke Ignaz Rotering mit dem Inhaber Dr. Ferd. Rotering. Bei Dr. J. Reuland steht die Hausnummer 101.[3] Damals waren die Straßen noch nicht separat nummeriert. Die Nummer passt aber zur heutigen Adresse Buttermarkt 7, wenn man die Nummerierung von der Ellenstraße aus fortführt. Die heutige Ellenstraße 38 wurde hatte nämlich damals definitiv die Hausnummer 98. Offenbar war also in dem Haus schon eine Apotheke, bevor August Hucklenbroich 1884 von der Judenstraße zum Markt zog.[4]

1899 kaufte Joseph Kleinertz das traditionsreiche Unternehmen. Er war verheiratet mit Ida ten Hompel und starb am 30. November 1925 in Kempen. Nach Verpachtungen an Carl Jünger aus Stolberg vom 12. Januar bis 30.September 1926 und an Julius Seeling aus Bochum vom 16. Oktober1926 bis 30. April 1932 übernahm am 10. Mai 1932 Sohn Rudolf Kleinertz[5] nach Beendigung seiner Studien an den Hochschulen in Aachen, München und Braunschweig die väterliche Apotheke. Rudolf Kleinertz wurde am 18. August 1901 in Kempen geboren. Am 30. März 1932 heiratete er Elisabeth Lentz aus Viersen, mit der er zwei Töchter hatte. Er führte die Apotheke bis zum 30. September 1943 und verstarb am 20. Mai 1947. Bis zum 30. April 1938 war Rudolf Pächter seiner Mutter gewesen, ehe er selbst Eigentümer wurde.

Weiterer Pächter der Kleinetz'schen Apotheke wurden Josef Lerdo aus Boppard (1. Oktober 1943 bis zum 30. September 1957), der später die Thomas-Apotheke gegenüber der Burg eröffnete, Danach ging die Löwenapotheke durch Verpachtung an Dr. Hans Skaliks und dessen Ehefrau Ursula geb. Kleinertz, die selbst Apothekerin war, vom 1. Oktober 1957 bis zum 30. April 1961 wieder in Verwandtschaftsbesitz über.[6]

Lerdos Praktikant war von 1946 bis 1948 Heinrich Brünsing aus Kempen. Nach dem Pharmazie-Studium in Bonn pachtete er zunächst eine Apotheke in Papenburg bei Leer. Am 1. Mai 1961 übernahm er dann die Apotheke in Kempen. Seitdem wohnte er auch mit seiner Familie in der im ersten und zweiten Obergeschoss gelegenen Wohnung, die sich auch über die heutige Ellenstraße 41 erstreckt. Zur Familie gehörten Ehefrau Margot (geb. Thielebein, 1927) sowie die Kinder Claudia, Peter und Thomas. Margot Brünsing wohnte nach der Scheidung von Heinrich Brünsing Ende der siebziger Jahre lange in München. Die letzten Lebensjahre verbrachte sie aber wieder in Kempen im Kempener St.-Peter-Stift. Sie starb Ende März 2018.

Später wohnte Heinrich Brünsing dort mit seiner zweiten Ehefrau Ursula und deren Sohn Andreas Bruns, der am 1. Oktober 1998 die Apotheke übernahm. 1993 erwarben die Eheleute Brünsing bzw. Ursula Brünsing von Elisabeth Kleinertz auch das Gebäude. Bis dahin bestand lediglich ein Erbpachtvertrag mit der Familie Kleinertz. Zum Grundstück gehört ein kleiner Hinterhof, ein kleiner innerstädtischer Garten und ein alter Lagerschuppen, der hinter der Ellenstraße 40 liegt und schon an die Häuser an der Moosgasse grenzt. Eine etwa 2 Meter hohe Mauer trennt das Grundstück von einem schmalen Hof der Ellenstraße 40. Der Grenzverlauf zwischen den Grundstücken war an dieser Stelle lange Zeit strittig und ist es möglicherweise heute noch.[7]

Heinrich und Ursula Brünsing zogen nach der Übergabe der Apotheke an Sohn Andreas einige Jahre nach Frankreich, kehrten aber bald schon wieder nach Kempen zurück, dann aber zur Von-Saarwerden-Straße. Im Haus am Markt wohnte nur noch Andreas. Er führte die Apotheke teils noch mit Unterstützung durch Heinrich Brünsing bis 2013 weiter. Dann endete abrupt die lange Geschichte der Kempener Löwen-Apotheke. Heinrich Brünsing starb drei Jahre vorher am 29. November 2010 im Alter von 84 Jahren.[8]

Ursula Brünsing hat das Haus bzw. die Häuser (Buttermarkt 7 und Ellenstraße 41) dann verkauft. Die Geschäftsräume wurden umgebaut und vermietet. Seit März 2014 betreibt die Firma Kaatz in dem früheren Labor der Apotheke ein Sanitätshaus - jetzt unter der neuen Adresse Ellenstraße 41. Im ehemaligen Verkaufsraum der Apotheke ist heute das italienische Feinkost-Bistro Artischocke von Tim Grégoire. Seit Mitte 2014 ist auch die darüber liegende Etage wieder bewohnt.


Nördlich am Markt/Ecke Kuhstraße lag von 1847 bis 1895 die zweite Kempener Apotheke, die sich „Zum Goldenen Adler“ nannte.




Einträge in alten Adressbüchern

1879:

  • Dr. J. Reuland, Apotheker (unter Kempen Nr. 101)

1898:

  • Frantzen Max, Apothekergehilfe, Markt 7
  • Hucklenbroich August, Apotheker u. Agent, Markt 7

1912:

  • Franz, Rich., Apothekergeh., Markt 7
  • Kleinertz, Jos., Apotheker, Markt 7

1925:

  • Kleinertz Jos., Apotheker, Löwenapotheke, Markt 7

1930/31:

  • Kleinertz Ida, Wwe., Löwenapotheke, Markt 7
  • Seeling Julius, Apotheker, Markt 7

1937:

  • Kleinertz Arnold, Textilvertretungen, Markt 7
  • Kleinertz Jos., Wwe, Löwenapotheke, Markt 7
  • Kleinertz Rudolf, Apotheker, Markt 7
  • Lüllicken Franz, Apothekerpraktikant, Markt 7





Quellen

  1. Satzung der Stadt Kempen für den Denkmalbereich Nr. 1 "Stadtkern Kempen mit umgebenden Wallanlagen" gemäß § 5 Denkmalschutzgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (DSchG) vom 12.April 1990
  2. Kempen.de - Altstadtrundgang
  3. Adressbuch Bürgermeisterei Kempen, 1879, S. 34
  4. IM Adressbuch von 1861 erscheint Rotering, Ignatz, Apotheker unter der Nummer 117/118. Das müsste dann die Apotheke "Zum goldenen Adler" gewesen sein, die an der Ecke Kustraße/Markt lag.
  5. Totenzettel von Rudolf Kleinertz
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  7. siehe hierzu auch Ellenstraße 41
  8. siehe hierzu und zur Geschichte der Löwenapotheke auch die Artikel in WZ-Newsline vom 17. Februar 2010 und rp-online vom 28. Mai 2012



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