Kuhstraße 31

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Der ehemalige Stadtarchivar Jakob Hermes schrieb über das Haus im Jahr 1983:

Das mächtige siebenachsige Kaufmannshaus mit hohem Mansardendach ist dank seiner prächtigen Fassade das beherrschende Privathaus der Kuhstraße. Die in Haustein gefaßten Fenster des dreigeschossigen Hauses sind geschickt und wirkungsvoll proportioniert und maßstabsgerecht in die Gesamtfront eingeordnet. Man spürt den bürgerlichen Wohlstand des Besitzers, der es nach Plänen seines Freundes Friedrich Vogts 1773 erbaut haben soll. Der Bauherr ist kein anderer als Heinrich Matthias Horten, geb. Neersen 1723, gest. Kempen 1779, der Stammvater des bekannten Kaufmannsgeschlechts. Sein Sohn Johann Joseph erweiterte den Bau 1784 um 3 Fensterreihen. Die Initialen des Erbauers und seiner Ehefrau HH MB (Heinrich Horten Margareta Bücker) sowie das Baujahr 1773 sind in einer kunstvollen Schmiedearbeit des Oberlichts über dem mit schwerer Eichentür versehenen Haupteingang zu lesen. Seit zwei Jahren ist das Haus unbewohnt, weil es öffentlich nutzbar gemacht werden soll. So lange es in Privatbesitz war, imponierte seine Innenausstattung mit deftigen Eichenmöbeln und gediegenem Hausrat. Ohne Übertreibung darf dieses Haus als das bedeutendste Bauwerk angesehen werden, das die bürgerliche Baukunst des 18. Jahrhunderts in Kempen hervorge bracht hat.[1]

Kuhstraße 31-32 vor der umfangreichen Sanierung
Kuhstraße 31-32 vor dem Bau der Orsaystraße, dahinter noch Schuh Thissen und Café Peerbooms

In dem alten Bürgerhaus ist heute die Kempener Hauptstelle der Sparkasse Krefeld.

"Kempens größtes Bürgerhaus aus dem 18. Jahrhundert wurde 1773 von dem Kaufmann Heinrich Horten und seiner Ehefrau Margaretha Bücker errichtet. Ihre Initialen zieren die schmiedeeisernen Oberlichter über den Türen. Unter dem geräumigen Mansarddach (heute noch mit Kran auf der Hofseite) wurden Handelswaren gelagert, meist Lebensmittelprodukte, die bis nach Köln verkauft wurden.

Nach Heinrich Hortens Tod (1779) erweiterte sein Sohn Josef Johannes das Geschäft zum Großhandel, vor allem durch Eisenprodukte aus dem Bergischen Land. Um der Erweiterung des Unternehmens und dem gestiegenen Wohlstand Rechnung zu tragen, fügte er 1784 drei weitere Fensterachsen an das Haus der Eltern."[2]

Vor dem Zweiten Weltkrieg war hier die Kanzlei des jüdischen Rechtsanwaltes Dr. Karl Winter[3], gebürtig von der Ellenstraße 5.

Später gehörte das Haus bzw. gehörten die Häuser der Familie Erkes. Der Name der Kempener Seidenmanufactur erscheint schon im Adressbuch von 1861 (siehe unten!). Vor dem Krieg hatte der Jurist, Steuerberater u. Treuhänder Dr. Bruno Erkes hier seine Kanzlei. Er verwaltete in Verbindung mit dem Kempener Finanzamt das Vermögen der Juden, die von den Nazis zur Emigration gezwungen wurden.[4]

Auch 1959 erscheint der Name Erkes noch unter der Adresse. Insofern war die bekannte Grundschullehrerin Frau Erkes vielleicht die Schwiegertochter oder Schwiegerenkelin von Bruno Erkes. Marliese Erkes, geb. Öttl aus Österreich (*6.8.1930, +8.8.2017)[5], unterrichtete viele Jahre an der Katholischen Grundschule an der Wiesenstraße. Sie wohnte wohl auch noch auf der Kuhstraße.[6]

Im Juli 1984 nahm die Sparkasse Krefeld in dem ehemaligen Horten-Haus den Betrieb auf. Das Gebäude wurde zuvor unter Leitung des Architekten Johannes Thelen grundlegend saniert. Wenige Jahre zuvor zum 1. Juli 1977 hatten sich die Stadtsparkasse Krefeld und die Kreissparkasse Kempen-Krefeld zur Sparkasse Krefeld zusammengeschlossen. Eine umfangreiche Darstellung der Geschichte der Sparkasse Krefeld und der Vorgänger-Institute findet man auf der Internet-Seite der Sparkasse Krefeld.


Einträge in alten Adressbüchern

Kuhstr. 31/32

1861

  • Erkes, Matth., Seidenmanufacturist, Hausnummer 99

1879

  • Erckes [sic], Matth. Gebr., Seidenmanufactur, Hausnummer 280, Inh. F. Tillmann, Jos. Louis Erckes
  • Erkes, Friedr., Kaufm., Hausnummer 280
  • Erkes, Jos., Kaufm., Hausnummer 280
  • Erkes, Ludw., Kaufm., Hausnummer 280
  • Erkes, Tillmann, Kaufm., Hausnummer 280

1898

  • Erkes, Josef, Seidenwaareneng.

Kuhstr. 31

1937

  • Erkes, Bruno, Dr. jur., Steuerberater u. Treuhänder
  • Wissink, Richard, Buchhalter

1959

  • Erkes, Friedr., Student
  • Erkes, Hanna, o. B.
  • Erkes, Johs., Kraftfahrer
  • Teubner, Maria, o. B.




Quellen:

  1. Hermes, Jakob, Bürgerhäuser im Stadtbild von Kempen - 2. Teil, in: Heimatbuch des Kreises Viersen, 1983, S. 166ff., hier S. 171f.
  2. Kempen.de - Stadtrundgang
  3. Kaiser, Hans, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen. 2014, S. 327
  4. Rheinische Post, Spuren der Vergangenheit, 3. Mai 2009
  5. Todesanzeige in der Rheinischen Post In der Kuhstraße 30 war früher die Metzgerei Kurt Gerlach und das Elternhaus von Klaus Gerlach. Durch die direkte Nachbarschaft gab es ein so freundschaftliche Verhältnis zwischen Familie Gerlach und Frau Erkes, dass die Familie Gerlach in der Traueranzeige erscheint. (Information von Philip Gerlach, Sept. 2022)
  6. Bärbel Grunau und Anne Aretz in Beiträgen zu dem nebenstehenden Bild in der Facebook-Gruppe "Kempen anno dazumal" im Juli 2021