Hülser Straße 21

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Hülser Straße 21 - Landratsamt[1]
Früheres Landratsamt

Ein erhaltenswertes, repräsentatives Baudenkmal aus der Zeit um 1840. Vermutlich von Max Anton Foerster nach seiner Ernennung zum Landrat 1839 als siebenachsiges Wohnhaus erbaut, wurde es um fünf Fensterachsen erweitert, als auch das Landratsamt hier untergebracht wurde. Der nüchterne Baustil verrät den klassizistischen Charakter und ist steinerner Ausdruck der vorbildlich geführten preußischen Verwaltung. Vergleichsweise darf das nach Kriegsschäden abgebrochene Herfeldt-Haus an der Engerstraße genannt werden, das ähnliche Züge aufwies und bei der engen Verwandtschaft der Besitzer Vorbild gewesen sein mag.[1]


Unter der Adresse Hülser Straße 21 erscheint im Jahr 1912 im Adressbuch Heinrich Pastoors, offenbar Landwirt auf dem späteren Hof von Bauer Josten.

Seinem Sohn Theodor widmete der Stadtarchivar Jakob Hermes folgende Zeilen:

Theodor Pastoors - Pestuersch Deidur

Antons (Anm. Hunecke) Gegenstück äußerlich wie wesensmäßig war Pestuersch Deidur. Er war fast zwei Meter groß und besaß Riesenkräfte, über deren Ausmaß sich der stille Mann selbst nicht im klaren war. Wann immer die Rede auf starke Männer der Thomasstadt kommt, muß er mit an erster Stelle genannt werden. Um die Jahrhundertwende arbeitete er auf dem elterlichen Hof an der Hülser Straße, heute Bauer Josten. Häusliche Mißstände zwangen ihn aber, sich nach einem anderen Arbeitsplatz umzusehen und bei Bauer Nopper, Engerstraße, als Ackergehilfe in Dienst zu treten. Hier begann sein Aufstieg als Sterk Hermel. War eine Pferdekarre bis zur Achse eingesunken und Deidur um Hilfe angesprochen worden, dann trottete er gemächlich in seinen Klompen, die der Größe eines Geigenkastens wenig nachstanden, zur Unglücksstätte hin, setzte seine Schulter als Winde an und machte das Fuhrwerk wieder flott. Nach Auftragserledigung ging er geruhsamen Schrittes wieder von dannen, ohne Aufhebens von seiner ungewöhnlichen Leistung als Gewichtsheber zu machen. Wenn ein gewöhnlicher Sterblicher Säcke Stück für Stück auf der Schulter zum Lagerplatz trug, nahm er deren zwei, unter jeden Arm einen, und trug sie fort. Die Anekdote weiß aus seiner Arbeitszeit im hiesigen Krankenhaus zu berichten, daß er auf einem Gang zur Küche mit je einem Doppelsack Mehl unter den Armen von einer Frau in ein längeres Gespräch verwickelt wurde, - treuherzig stand er Rede und Antwort, ohne auch nur einen Augenblick die beiden Säcke abzusetzen. Als eine Begleiterin der Frau nach geraumer Zeit nervös in den Ausruf ausbrach: "Um Gottes willen! Lassen Sie den Mann doch gehen, das ist ja Tierquälerei!" wurde das Gespräch beendet, und Deidur trottete gemächlich mit seiner Last zur Küche

Auf seiner dritten Arbeitsstelle im Kempener Hospital machte er sich in verschiedener Weise nützlich. Die Putzfrauen brauchten keine Treppenleitern mehr zum Reinigen der Fensteroberlichter, das besorgte Deidur aus dem Hüftgelenk. Auch der Transportwagen der Patienten innerhalb des Hauses konnte abgestellt bleiben, weil Deidur seine Funktion übernahm. Er trug die Kranken auf seinen Armen von der Pforte bis ins Bett und hielt sie auch während des Bettenmachens oder einer Umbettung so lange auf seinem Armtablett, bis der Patient in frische Kissen gelegt werden konnte.

Den älteren Mitbürgern ist noch in guter Erinnerung, daß er als junger Mann häufig den Schützenbrüdern beim Maienfahren vor der Frühkirmes den Gefallen tat mitzureiten. Dabei fand er in seiner Gutmütigkeit kein Arg, wenn man ihm ein kleines Pferd unterschob, und er mit seinen langen Beinen fast über den Boden schleifte. Das Gelächter der Zuschauer nahm er gelassen hin und freute sich mit ihnen.

Seine kraftstrotzende Statur schien für ein hohes Alter prädestiniert zu sein. Doch er starb verhältnismäßig früh kurz nach 1920, etwa 60 Jahre alt.[2]


Einträge in alten Adressbüchern

1959

  • Pensel, Max, Schlosser



Quellen:

  1. 1,0 1,1 Hermes, Jakob, Bürgerhäuser im Stadtbild von Kempen - 2. Teil, in: Heimatbuch des Kreises Viersen, 1983, S. 166ff., hier S. 174f.
  2. Hermes, Jakob, Kempener "Romantiker" vor einem halben Jahrhundert, in: Heimatbuch des Kreises Kempen-Krefeld, 1961, S. 113ff.