Markt 4

Aus Kempedia
Zur Navigation springenZur Suche springen
In der Heilig-Geist-Kapelle residierte vor 100 Jahren das Hotel "Kempener Hof". Dort konnte man damals für 2,75 bis drei Mark ein Zimmer "einschließlich Licht und Bedienung" bekommen – auch das Frühstück war inklusive
Friseursalon Schumacher in der Heilig-Geist-Kapelle um 1955, interessant ist auch die Bäckerei links in der heutigen Traberklause

Das ehem. Hospital zum hl. Geist, die heutige Heilig-Geist-Kapelle

Die Krankenhäuser hatten in alter Zeit im nordwestdeutschen Raum fast überall den gleichen Namen: Hospital (oder „Gasthaus“) zum hl. Geist. Sie lagen mitten in der Stadt und waren zugleich auch Altersheime und Herbergen. Nur die mit ansteckenden Krankheiten – mit Pest, Pocken und Lepra Behafteten hatten ihre Häuser draußen vor den Toren der Stadt und hießen deshalb Aussätzige.

So war das auch in Kempen.

Das Heilig-Geist-Hospital lag am Markt gegenüber dem Rathaus, direkt neben Markt Nr. 5, Wand an Wand.

■ Gebaut vermutlich um das Ende des 14. Jh.
■ 1373 als "großes Weinhaus" von Pilgrim von Bonn, einem Ürdinger Bierbrauer, erworben. Vorgesehen als Gasthaus, "Hospital" (von lat. hospitalis = gastfreundlich) für arme Personen. Von diesem wurde es
■ 1390 von Kempener Bürgern (vornehmlich von Johann Arnold von Broichhausen) gekauft und in eine Stiftung für arme, kranke, geplagte Leute, Pilger und Obdachlose überführt.

Auf einer Karte aus dem Jahr 1826 erscheint die heutige Heilig-Geist-Kapelle als "Gasthauskirche".(siehe Karte unter Moosgasse).

"Johann Arnold von Broichhausen, Kempener Bürger und Ministerialbeamter des Kölner Erzbischofs, verfügte in seinem Testament im Jahre 1390 eine für die Stadt Kempen wichtige Stiftung, die aber noch nicht öffentlich bekannt wurde. Er wünschte in Kempen die Einrichtung eines „Gasthauses“, ein „Hospital zum Heiligen Geist“.

Diese Stiftung wurde im Jahre 1410 von seinen Söhnen im Sinne ihres Vaters erweitert. Die Stiftung sollte armen Kempener Bürgern zeitlebens und unentgeltlich Wohnung und Pflege geben."
■ 1410 wird der Bau der Kapelle erstmals urkundlich erwähnt. Sie war aber noch nicht geweiht. Der Kapellenbau wurde direkt anschließend an das Hospital der damals prosperierenden Stadt erbaut in klaren gotischen Formen als einschiffiger Hallenbau mit drei Jochen.
■ Erst am 9. Januar 1411 erfolgte die Weihe durch Papst Johannes XXII in Bologna.
Ob die "Kapelle" auch zuvor geistlich genutzt wurde, ist nicht bekannt. Ein Altar war jedoch bereits vorhanden. Die Kapellenwände waren ausgestattet mit einem
■ 1421 angefertigten Wandbild, welches das Jüngste Gericht darstellte, und weitere sakrale Wandmalereien (die durch eine später eingelassen Türe um 1820 unterbrochen wurde); ob sie durch die Stiftungsgründer in Auftrag gegeben wurden ist nicht belegt.
■ Im gleichen Jahr, am 21. Juli, wurde die Weihe vom Kölner Erzbischof Dietrich von Moers erneut bestätigt und genehmigt. Danach gilt das Jahr 1390 als Stiftungsjahr, das Jahr 1421 als Gründungsjahr des „Hospitals zum Heiligen Geist“.
■ 1421 wird das Kempener Hospital durch die Söhne Broichhausens, Hermann und Arnold, als "Gasthaus zum Heiligen Geist zum Unterhalt armer Kempener, die dort unter Leitung eines Gasthausmeisters und von Provisoren zeitlebens kostenlos Wohnung und Pflege finden sollten" gegründet und somit weiter geführt.
■ 1459 erfuhren die Hospitalhäuser, die - mit Ausnahme des Kapellenbaus an der Marktseite - im südlichen Bereich lagen, eine weitere Vergrößerung durch den Ankauf des Nachbarhauses, östlich direkt neben der Kapelle gelegen. An dessen Stelle wurde das Giebelhaus für den Rektor der Hospitalkapelle gebaut (heute bekannt als Haus Weinforth-Hüsken) erkennbar am aufgemauerten Giebelkreuz. Es ist mit seiner Ziegelfassade, hinter der die übrigen Wände aus Fachwerk bestehen, heute das älteste mit einem Steingiebel versehene Wohnhaus der Stadt.
Weitere Anbauten entstanden in Erweiterung des Innenhofes zwischen Rektorhaus und Hospital - bis zur Josefstraße hin. (Heute Heilig-Geist-Straße)
■ Rund 165 Jahre später, 1624, vermachte der Schloßmacher (Schmied) Nikolaus Halver dem 1612 gegründeten Venloer Franziskanerorden sein Haus in der Peterstraße. (Auch als "Halver Haus" beschrieben, bei Fr. Weinforth in "Campunni", als "halbes" Haus) Den Venloer Ordensbrüdern erschien das Gebäude in der Peterstraße, das an das Hospital grenzte, jedoch zu klein für einen Konvent und sie lehnten das Vermächtnis des Schloßmachers ab. Daraufhin bezog der Mönch Laurentius mit einem weiteren Mönch, Bruder Adam Lammersdorf, das Halver Haus in der Peterstraße. Auch Pater Laurentius war das Haus des Schmieds jedoch bald zu klein und für die Bedürfnisse eines Ordensbetriebs ungeeignet. Die Observanten veräußerten das Haus in der Peterstraße wieder. (Ob es sich bei der Beschreibung um das ehemalige Rektorenhaus oder um ein weiteres Gebäude gehandelt hat, bedarf noch der Klärung.)
■ Zwischen 1624 und 1631, während der Gründungsphase des Kempener Franziskanerklosters nutzten die Observanten die Kapelle als Gebetshaus.
■ Das Hospital versah unter der Aufsicht von zwei Provisoren seinen mildtätigen Dienst noch bis 1808. Das Hospital selbst wurde in ein neueres Haus in die Oelstraße, dem späteren Marienheim, verlegt, nachdem im Jahre 1801 der damalige französische Präfekt der verwaltenden Bürgerkommission aufgetragen hatte, ein Krankenhaus zu errichten. 1867 zog es abermals um - in die Mülhauser Straße.
■ 1827: Nach Aufgabe der sakralen Funktion wurde die Kapelle im 19. Jahrhundert als Schänke und Hotel mit eingezogener Zwischendecke genutzt. Im oberen Stockwerk befand sich der Speisesaal. Der geplante Abriss der Kapelle konnte gerade noch verhindert werden. Danach war sie Heulager, nach dem ersten Weltkrieg Offizierskasino für belgische Besatzungssoldaten.
■ Mitte des 20. Jahrhundert hatte der Friseur Willibald Schumacher hier seinen Salon. Vom damaligen Haupteingang, mittig an der Marktseite der Kapelle aus war linksseitig der Herren- rechts der Damensalon. Von hier aus erreichte man auch das Hinterhaus mit u.a. Waschküche und Zugang zu dem nur knapp 1.80 - 2 Meter breiten Innenhof zwischen der Kapelle und Haus Nr. 5 am Markt. Eine breite Holztreppe führte zu verschiedenen Wohnungen in der ersten Etage. Über dem Friseursalon, im damaligen 1. Stock der Kapelle, wohnte in den 1950er Jahren eine Familie Pietsch. Einige wenige Stufen zum Hinterhaus hinauf, befand sich die Wohnung der Familie Steinke (Buchholz). Lange Jahre hatte die Stadtbibliothek in dem Kapellenraum ihren Platz. Dann wurde die Kapelle mit dem angrenzenden Gebäude als Heimat für zwei Orden genutzt. 1971 findet man die Adresse in der Beilage zum Stadtplan gar unter der Kategorie Gymnastikhallen.
■ Seit 1990 wird die Kapelle wieder in ihrer ursprünglichen geistlichen Funktion genutzt. Jedoch fehlten der römisch-katholischen Gemeinde die Mittel, um die Kapelle unterhalten zu können. So entschloss man sich schließlich, das Gebäude behutsam in den Verkaufsraum einer Versandhandlung für christliche Bücher umzuwandeln. Dabei wurde eine Galerie mit Regalwänden eingezogen, die nicht in die Gebäudesubstanz eingreift und jederzeit wieder entfernt werden kann. Der Chorraum wurde bewusst freigehalten, um für Veranstaltungen dienen zu können. Architekt für die Umnutzungsplanung war Gregor Dewey aus Viersen. Der Umbau war 2005 beendet. In dem rückwärtigen Gebäude (um 1960 abgerissen und als Neubau errichtet) befinden sich heute Räume der Volkshochschule.

Derzeit steht die alte Kapelle leer. Wie die Rheinische Post Anfang Juni 2014 berichtete, ist ihre zukünftige Nutzung derzeit offen.

Im August 2016 berichtete die Rheinische Post erneut über die weitere Entwicklung.

Vergleichsfoto: Die Heilig-Geist-Kapelle um 1920 und 2009



Adressbuch Kempen 1898:

  • Keuter Josef, Wirt, Hotel

Hotel Keuter am Markt gelegen. Erstes und ältestes Haus am Platze, comfortable Zimmer - Omnibus am Bahnhof. Weinhandlung.

Adressbuch Kempen 1912:

  • Brocatti, Fried., Hotel Kempener Hof (früher Hotel Keuter), Markt 4
  • Hotel Kempener Hof (früher Hotel Keuter) Inh. Fritz Brocatti, Markt 4
  • Lichters, Joh., Kellner, Markt 4
  • Syben, Wilh., Reisender, Markt 4

Adressbuch Kempen 1925:

  • Hendrikx Petronella, o. G., Markt 4
  • Spiegels Heinr., Eisenbahnschaffner, Markt 4
  • Schürmanns Jos., Schneider, Markt 4
  • Verhag Jos., Wwe., o. G. , Markt 4
  • Voß Jos., Buchdrucker, Markt 4

Adressbuch Kempen 1930/31:

  • Schürmanns Josef, Schneider, Markt 4
  • Spiegels Heinrich, O.-Schaffner, Markt 4
  • Verhag Christine, Wtw., Markt 4
  • Voß Josef, Buchdrucker, Markt 4

Adressbuch Kempen 1937:

  • Ambrosius Jakob, Maurer
  • Ambrosius Johann, Maurer
  • Güldner Hans, Angestellter
  • Horsten Wilhelm, Kaufmann
  • Schumacher Willibald, Friseurgeschäft




DAS HOSPITAL ZUM HEILIGEN GEIST IN KEMPEN

Das Kempener Hospital zum Heiligen Geist reicht mit seinen Anfängen bis in die Frühzeit der HOSPITAL zurück und führt die Tradition des 1390 durch Johann Arnold von Broichhausen und seinen Söhnen den Bürgermeistern, Schöffen und Rat der Stadt Kempen gestifteten Gasthauses fort. Diese Stiftung, die nach dem Willen der Stifter ,,zu Ehren des Allmächtigen Gottes, der hl. Jungfrau Maria, des himmlischen Hofes und sonderlich zu Ehren des Heiligen Geistes und der heiligen Jungfrauen Catharina und Barbaras errichtet war, sollte dem Unterhalt armer Kempener sowie dem Heil des Stifters und seiner Vorfahren dienen und aus einem Gasthaus mit einer Kapelle und einem Altar bestehen.

Der Stifter vermachte zur Errichtung des Gasthauses das am Markt gelegene ,,Große Weinhaus" mit mehreren Nebengebäuden und bestimmte als Dotation der Stiftung, die auch eine Wohnung für den geistlichen Rektor enthalten sollte, den in der Gemarkung Benrad gelegenen Lodingshof und eine Reihe anderer Ländereien und Renten.

Durch Krankheit und Altersschwäche des Johann Arnold von Broichhausen gingen der Ausbau des Gasthauses und der Kapelle in den ersten Jahren nicht recht voran. So nutzten die noch vom Stifter bestellten ersten Provisoren Hermann op den Vorst und Gerhard Wranghen die einlaufenden Renten zur Erweiterung der Vermögensgrundlage durch den Ankauf weiterer Ländereien.

Am 2. Oktober 1410 erneuerten und bestätigten die vier Söhne des Stifters, Johann, Hermann, Heinrich und Arnold von Broichhausen vor dem Notar Johann Schafrath das Werk ihres Vaters, das am 9. Januar 1411 auch Papst Johannes XXII durch den Dechant des Aachener Marienstiftes zu bestätigen befahl. Die Bestätigung der Stiftung am 24. Juli 1421 durch den Kurfürsten Erzbischof Dietrich von Köln gilt bis heute als das eigentliche Gründungsdatum des Hospitals. Die landesherrliche Urkunde erkennt auch den von der Stifterfamilie gemachten Vorbehalt an, dass nämlich der Älteste der männlichen Linie den geistlichen Rektor präsentieren, mit Rat und Hilfe (cum consilio et auxilio) des Pfarrers und der Bürgermeister von Kempen die Provisoren anstellen und abberufen und von ihnen jederzeit Rechnungsablage anfordern könne. Im gleichen Dokument wurde der jeweilige Pfarrer von Kempen mit der Einführung des präsentierten Rektors in sein Amt beauftragt.

Die Stiftung des Johann Arnold von Broichhausen hat ihre Lebenskraft durch den Fortbestand bis in die Gegenwart bewiesen. Bis ins 19. Jahrhundert haben sich die Ordnung und das Leben in dem Gasthaus an der ehemaligen Hospitals, der Josefstraße (jetzt Heilig-Geist-Straße) kaum geändert. Durchweg zählte das Haus sechs Hospitaliten, deren jeder ein eigenes Schlafzimmer hatte. Als Wohnung diente ein Gemeinschaftsraum. Verpflegung, Kleidung, Wäsche und Brandmaterial leistete die Stiftung. Der geistliche Rektor musste wenigstens an drei Wochentagen in der Kapelle die hl. Messe für die Stifter feiern. Die Hospitaliten waren zur Teilnahme und zum Gebet im gleichen Sinn verpflichtet und versammelten sidh darüber hinaus allabendlich zum gemeinsamen Rosenkranz.

Eine Abwechslung in den sicher eintönigen Jahresablauf brachte die "Gasthaus-Kirmes" am Sonntag nach Maria Himmelfahrt. Dieser Tag, an dem die Hospitaliten besonders gut bewirtet wurden, galt in erster Linie als öffentlicher Danktag an die Stifter. Daher erschien auch der Patron mit dem Pfarrer und den Bürgermeistern. Nach dem gemeinsamen Essen konnten die Häuslinge Beschwerden vortragen, andererseits aber benutzte auch der Patron die Gelegenheit zu Ermahnungen.

Bis ins 18. Jahrhundert hat die Familie von Broichhausen ihr Patronat über das Heilig-Geist-Hospital wahrgenommen. Am 23. April 1720 übertrug Arnold von Broichhausen als letzter der männlichen Linie seines Hauses das Patronatsrecht an seinen Vetter Anton von Weyenhorst. Damit begann eine Zeit häufiger Unruhen und Auseinandersetzungen um die Verwaltung. Die Familie von Weyenhorst, die in dem Hause Donk in Vorst wohnte und ziemliich verarmt war, suchte nämlich die Mitpatrone aus der Leitung des Hauses auszuschalten, ihre eigene Position zu stärken und zudem wirtschaftliche Vorteile aus dem Patronat zu ziehen. Damals war das Vermögen des Heilig-Geist~Hospitals durch eine Reihe von Stiftungen beträchtlich über den ursprünglichen Bestand hinausgewachsen.

1769 bezog es bei nur sechs Hospitaliten 137 Malter Roggen und 600 Reichstaler. Die Hospitalverwaltung konnte daher dem Pfarrer jährlich 300 Taler zur Verteilung an bedürftige Kempener überweisen. Da I. C. von Weyenhorst 1766 neue Provisoren ohne Mitwirkung des Pfarrers und der Bürgermeister ernannte und einführte, also gegen die Bestimmungen der Stiftungsurkunde und den jahrhundertealten Brauch handelte, erhoben die Mitpatrone Protest und klagten beim kurfürstlichen Gericht. Nach langen Verhandlungen wurde der Streit 1788 zu Gunsten der Kläger entschieden, nachdem von Weyenhorst sich vorher eine jährliche Rente von 300 Talern gesichert hatte. Wegen der durch den Streit verursachten Mißwirtschaft hatte der Erzbischof 1787 vorgeschlagen, die Hospitaliten mit einer Abfindung zu entlassen und das Hospital in ein gemeinnütziges Arbeitshaus umzuwandelnd ein Vorschlag, der das Ende der Stiftung bedeutet hätte. Der Stadtrat antwortete, dass die Stiftung lebensfähig sei und nur ordentlich verwaltet werden müßte.Nach dem Einmarsch der Franzosen machte die Neuordnung der Verwaltung dem üblen Streit ein Ende.

1797 wurde durch Staatsgesetz mit allen Patronaten auch das der Familie von Weyenhorst über das Heilig-Geist-Hospital beseitigt, doch dauerte die Durchführung dieses Gesetzes noch einige Jahre. Am 24. Ventose IX - 15. März 1801 - ordnete der Unterpräfekt von Krefeld die Bildung einer Hospitalverwaltung und eines Wohltätigkeitsbüros für Kempen an und ernannte für ersteres die Mitglieder Friedensrichter Frz. Emans, Barth. Vogts, Pet. Ant. Thissen, Heinr. Jak. Basels und Kaplan Chr. Hover.

Am 16. Floréal IX/ 7. Mai 1801 konstituierten sich beide Kommissionen, beschIossen vorläufig gemeinsam zu tagen und gaben sich den Namen "bureau de bienfaisance et de l'administration de l'hospital de Kempen". Trotz der gemeinsamen Verwaltung blieben die verschiedenen Fonds eigenständig erhalten, so auch das Hospital, das jetzt den Namen "Hospital civil" erhielt. Dem Patron teilte man die neue Rechtslage schriftlich mit und forderte ihn zur Auslieferung des in der Sakristei der Pfarrkirche aufbewahrten Archivs auf. Da er sich hartnäckig weigerte, musste er mit Gewalt zur Herausgabe gezwungen werden. Ein übles Nachspiel lieferte der ehemalige Patron noch, indem er aus Rache bei der staatlichen Domänenverwaltung in KrefeId einen Teil des Hospitalvermögens als Vikariegut bezeichnete und es damit der Säkularisation auslieferte. Die Provisoren klagten zwar beim Friedensrichter, erhielten auch Recht, doch war ein teil des Landes bereits zugunsten der Ehrenlegion verkauft. Eine Wiedergutmachung wurde auch in preußischer Zeit nicht geleistet. Stattdessen erhielt das Hospital 1826 als königlicher Gunsterweis ein einmaliges Geschenk von 300 Talern.

Die Originalurkunde Stadtarchiv Kempen Urkunde 108. Abschriften in D nach dem ,,Liber variorum intrumentorum etc. descriptus anno 1740 im Pfarrarchiv Kempen. Die Urkunden von 1411 (s. im Text unten) bei Sauerland: Vatikanische Regesten VII nr 854, von 1421 im Druck bei Binterim und Mooren: Die alte und neue Erzdiözese Köln. Codex 2, Mainz 1831, nr 406.

Quelle: Hospitäler und Krankenhäuser im Kreise Kempen-Krefeld, 1970


Auch KempenKompakt widmete der Kapelle in der August-Ausgabe 2021 einen ausführlichen Artikel anlässlich des 600-jährigen Bestehens, dort auch mit weiteren schönen Bildern::

EINE KAPELLE, DIE DIE KEMPENER BEWEGT

Wechselnde Besitzer, wechselnde Nutzungen und zweimal dem Abriss nahe – doch die kleine Heilig-Geist-Kapelle verteidigt nun bereits im 600. Jahr nach ihrer Weihe ihren Platz am südlichen Buttermarkt. Ein Blick in die wechselhafte Geschichte eines kleinen Gotteshauses.

Sie wurde schon als ein „Fass ohne Boden“ bezeichnet, als „Schmerzenskind des Stadtrates“, aber auch als „steinernes Aschenbrödel“, als „kunstgeschichtlich bedeutsames Bauwerk“, als „Juwel der Stadt“. Das Schicksal der Heilig-Geist-Kapelle am Buttermarkt, so viel steht fest, hat die Kempener über die vergangenen sechs Jahrhunderte hinweg immer wieder bewegt. Blättert man durch die Zeitungsartikel der vergangenen 150 Jahre über die Kapelle aus dem Propsteiarchiv, dann merkt man schnell: Das kleine Gotteshaus hat eine bewegte Geschichte und schwere Zeiten hinter sich, in denen ihr Abriss zweimal kurz bevorstand. Und doch prägt sie immer noch das Bild des südlichen Buttermarktes im Schatten der großen Schwester, der Propsteikirche St. Mariae Geburt. So ganz genau weiß man nicht, wann die Kapelle gebaut wurde. Fest steht: Im Juni 1390 bezeugten einige Männer in der Sakristei der Kirche Mariae Geburt die Stiftung eines Hospitals, die der Kempener Bürger Johann von Broichhausen und seine Frau Sophie gründen wollten. 600-Jähriges wurde 2011 schon einmal gefeiert Bereits 1373 hatte von Broichhausen ein Haus am Markt erworben und wollte dort nun arme Personen unterbringen und verpflegen lassen. Er wünschte ein „Gasthaus“ und ein „Hospital zum Heiligen Geist“, was auch der Stiftungsname wurde. Dabei dürfte die Linderung der Armut nicht an erster Stelle gestanden haben, sondern die Sicherung des eigenen Seelenheiles, wie man es aus der Stiftungsurkunde von 1392 weiß.

Zu einem mittelalterlichen Hospital gehörte eine Kapelle. Daher kann man davon ausgehen, dass diese schon von Johann von Broichhausen geplant wurde, schreibt der Historiker Friedhelm Weinforth in seiner Geschichte der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist. Vor 1410 sei mit dem Bau begonnen worden. Die Stiftung, die später durch die Söhne fortgeführt wurde und der Kempen bis heute sein Hospital zum Heiligen Geist und seine Seniorenheime Von-Broichhausen- und St. Peter-Stift verdankt, wurde 1411 durch Papst Johannes XXII. bestätigt. Daher wurde auch im Jahr 2011 schon einmal das 600-jährige Bestehen der Kapelle gefeiert. Die Weihe der Heilig-Geist-Kapelle wurde dann aber am 24. Juli 1421 durch den Kölner Erzbischof Dietrich von Moers bestätigt. Also, gibt es durchaus noch einen Grund für Jubiläumsfreuden in diesem Jahr 2021. Stroh-Lager, Hotel und Friseur-Salon Die Kapelle ist im spätgotischen Stil erbaut worden, ein einschiffiger Backsteinbau mit Strebepfeilern und Kreuzrippengewölbe. Zwischen 1624 und 1631 nutzten die Franziskaner, deren Kloster noch in Gründung war, die Kapelle zum Gebet. Schon im 18. Jahrhundert gab es ständige Auseinandersetzungen, wer rechtmäßiger Besitzer des Hospitals sei, und die Gebäude verfielen. Die Franzosen, die 1794 das Kempener Land besetzten, verlegten das Hospital zur Oelstraße. Am Markt blieb nur die Kapelle, die nun als Magazin für Stroh und Heu für die Pferde des französischen Militärs herhalten musste. Im 19. Jahrhundert wurde die Kapelle als Schänke genutzt. Dazu wurde eine Zwischendecke eingezogen. Im oberen Stockwerk befand sich der Speisesaal, im Erdgeschoss die Schänke. So wurde der Bau zeitweise „Gasthauskapelle“ genannt. 1826 wurde die Kapelle schließlich privat verkauft und diente bis zum Ersten Weltkrieg als Hotel, erst „Kempener Hof“, dann „Hotel Keuter“. Die Kapelle war immer wieder für Überraschungen gut. So auch 1892, als bei Sanierungsarbeiten ein 1421 entstandenes gotisches Wandgemälde zum Jüngsten Gericht wiederentdeckt wurde. Es wurde von dem Maler Friedrich Stummel aus Kevelaer restauriert. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Bild allerdings in so schlechtem Zustand, dass man es bei der Sanierung in den 50er Jahren übermalte. Von 1918 bis 1925 war die Kapelle das Offizierskasino der belgischen Besatzungssoldaten. Ab 1952 ließen sich dort im Salon Schumacher die Kempener die Haare schneiden. Ab 1958 wurde die Kapelle grundsaniert. Endlich, wie man dem Archiv entnehmen kann. „In diesen Tagen hat man in der Kreisstadt endlich mit einem Vorhaben ernst gemacht, um das schon Ströme von Tinte und Berge von Druckerschwärze aufgewandt wurden“, hieß es in der Westdeutschen Zeitung zum Start der Arbeiten im März 1958. 1961 wurde sie zu einem Ausstellungs- und Vortragsraum der Volkshochschule samt Gymnastikraum. Auch die Stadtbücherei fand dort ihren Platz. Seit 1987 ist die Kapelle im Besitz der Pfarrgemeinde. Ab 1990 wurde sie wieder als Gebetsraum genutzt, denn im angrenzenden Haus an der Südseite lebten zwei Ordensgemeinschaften. Als die Ordensschwestern Kempen verließen, stand die Kapelle wieder leer und man beschloss, das Gebäude in einen Verkaufsraum für christliche Bücher umzuwandeln. Dazu wurde eine Galerie mit Regalwänden eingezogen. Der Chorraum wurde für Veranstaltungen freigehalten. Der Umbau war 2005 beendet. Die Buchhandlung wurde 2012 aufgegeben. Die Einbauten der Bücherregale sind bis heute vorhanden. Lange stand danach die Kapelle leer und über Jahre beschäftigt die Kempener wieder die Frage, was damit geschehen könne. Die Idee, die Stadt solle die Kapelle als Touristen-Informationszentrum übernehmen, scheiterte. „Atem-Pause“ für alle Menschen Im vergangenen Jahr begann eine ökumenische Initiative mit Vertretern der katholischen und evangelischen Kirchengemeinden sowie der evangelisch-freikirchlichen Christusgemeinde mit dem Angebot „Atem-Pause“. Für alle Menschen ist die Kapelle am Buttermarkt nun mittwochs von 17 bis 19 Uhr geöffnet – für ein Atemholen, ein stilles Gebet oder ein Gespräch. Die ersten neun Monate des Projektes wurden durch die Corona-Pandemie ausgebremst. Das rege Treiben in der Stadt war durch Kontaktbeschränkungen lange stillgelegt, sodass auch das Projekt ruhte. Nun ist aber seit März wieder geöffnet. Noch immer ist es ruhig. Aber die Initiatoren sind zuversichtlich, dass man bald neue Ideen in den Räumen umsetzen kann. Neben seinem Zweck als Meditationsund Begegnungsraum soll es dort, sobald möglich, auch Veranstaltungen geben und religiöse Dialoggespräche sollen aufgenommen werden.

Text: Ulrike Gerards Fotos: Archiv Heinz-Wilhelm Wolters/Ulrike Gerards



Verweise auf externe Websites:

Website Min Kempe

Denkmalliste

Rheinische Post, 3.6.2014