Ellenstraße 40: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Rheinische Post schrieb: "Ins leer stehende Haus an der Ellenstraße 40 in der Kempener Altstadt sind die Handwerker eingezogen. Seit einigen Tagen wird das Gebäude für den Abriss vorbereitet. Derzeit läuft die Entkernung. Im Inneren des Wohn- und Geschäftshauses werden Versorgungsleitungen demontiert, Türzargen ausgebaut und das Gebäude für den Komplettabriss vorbereitet. Der soll etwa sechs bis acht Wochen dauern. Danach beginnt der Neubau."<ref>[https://rp-online.de/nrw/staedte/kempen/abriss-fuer-neubau-in-der-altstadt-hat-begonnen_aid-20638775 Rheinische Post, 16.03.2018]</ref>
 
Die Rheinische Post schrieb: "Ins leer stehende Haus an der Ellenstraße 40 in der Kempener Altstadt sind die Handwerker eingezogen. Seit einigen Tagen wird das Gebäude für den Abriss vorbereitet. Derzeit läuft die Entkernung. Im Inneren des Wohn- und Geschäftshauses werden Versorgungsleitungen demontiert, Türzargen ausgebaut und das Gebäude für den Komplettabriss vorbereitet. Der soll etwa sechs bis acht Wochen dauern. Danach beginnt der Neubau."<ref>[https://rp-online.de/nrw/staedte/kempen/abriss-fuer-neubau-in-der-altstadt-hat-begonnen_aid-20638775 Rheinische Post, 16.03.2018]</ref>
  
Die Bauarbeiten zogen sich recht lange hin und dauerten bis Anfang 2020. Zuerst wurde das Ladenlokal im Erdgeschoss fertiggestellt. Dort bietendie Eheleute Nicole und Christian Schroers seit Jahresbeginn 2020 in ihrem Geschäft ''Rudelglück'' Schönes für Mensch und Tier. Etwa im April wurden die  Wohnungen in den oberen Etagen bezogen.
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Die Bauarbeiten zogen sich recht lange hin und dauerten bis Anfang 2020. Zuerst wurde das Ladenlokal im Erdgeschoss fertiggestellt. Dort bieten die Eheleute Nicole und Christian Schroers seit Jahresbeginn 2020 in ihrem Geschäft ''Rudelglück'' Schönes für Mensch und Tier. Etwa im April wurden die  Wohnungen in den oberen Etagen bezogen.
  
  

Version vom 27. Juni 2020, 12:16 Uhr

Ellenstraße 40, 1910, 3. Haus von rechts,
hier noch 2-geschossig mit alter Fassade und eindeutig im Obergeschoss mit der selben Breite wie im Erdgeschoss

Im Adressbuch von 1879 findet man unter der Kempener Hausnummer 100 die Colonial- und Specereiwaarenhandlung Heinrich Adams. Diese Nummer gehört mit ziemlicher Sicherheit zur heutigen Adresse Ellenstraße 40. Nummer 98 passt exakt zur heutigen Ellenstraße 38, und unter Nummer 101 wurde schon damals eine Apotheke gelistet, die sicher im heutigen Buttermarkt 7 betrieben wurde.

Ende des 19. Jahrhunderts war im Haus Ellenstraße 40 dann eine Buchhandlung von Theodor van den Wyenberg. Außerdem wohnte im Haus die Witwe Gottfr. Theod. Nösemes.[1] Im Adressbuch von 1912 findet man dann den Eintrag Uhrmann, Wilh. unter der Rubrik Schneider und Uhrmann, Wilh., Ehefrau, Ellenstr. 40 unter der Rubrik Modistinnen (auch Handlung). Modisten fertigen laut Wikipedia Kopfbedeckungen insbesondere für Damen. Außerdem wohnte im Haus den Fabrikarbeiter Leonh. van den Bergh.[2]

Ellenstraße 40, 2013

Anschließend, also irgendwann seit den Jahren nach 1912, betrieb Anton Anstötz dort eine Bau- und Kunstschlosserei sowie ein Handelsgeschäft für Eisenwaren, Fahrräder, Nähmaschinen und Herde. Laut Adressbuch von 1912 betrieb er sein Geschäft zuvor auf der Mülhauser Straße 25, da noch nebst Ausführung elektrischer Licht- und Kraftanlagen.[3]

Anzeige im Adressbuch der Stadt Kempen, 1912

Gemeinsam mit seiner Frau Berta hatte Anton Anstötz vier Töchter: Marianne, Caroline, Charlotte und ??? (Stimmt das? Reihenfolge?). Schon im Adressbuch von 1930/31 findet man dann aber schon den Eintrag Anton Anstötz, Inh.: A. Körner. Berta hatte nach dem Tod ihres Mannes (wann?) Aloys Körner geheiratet, der das Geschäft fortführte.

Anzeige 1931/31

Eine Anzeige im Adressbuch von 1931/31 zeigt eine enorme Produktpalette (siehe links).

Im Adressbuch von 1937 steht dann aber unter Anstötz nur noch "Eisenwaren, Haus- und Küchengeräte". Aloys Körner starb im September 1956, seine Frau Berta wenige Jahre später im Februar 1962. Frl. Caroline Anstötz (oder Charlotte?) blieb unverheiratet, wohnte weiterhin auf der Ellenstraße und starb im Mai 1966.[4]

Ellenstraße 40, 2013

Marianne Anstötz heiratete am 19.11.1949 Karl Stein aus Bad Ems. Sie hatte ihren Mann beim Besuch ihrer Schwester (welche?) kennengelernt, die in Bad Ems eine Ausbildung im Hotelfach absolvierte. 1950 kam Sohn Reinhard zur Welt, erst 10 Jahre später Tochter Ulrike. Marianne Stein hat nach der Heirat und noch vor dem Tod ihres Vaters gemeinsam mit Karl Stein das Geschäft übernommen und von Haus- und Küchengeräten auf Spielwaren umgestellt. Karl Stein hatte in Bad Ems ursprünglich eine Ausbildung als Bäcker und Konditor absolviert.

Das Spielwarengeschäft erreichte man durch die linke Türe über einen kleinen Zugang in der Mitte des Hauses. In einem zweiten Ladenlokal auf der rechten Seite befand sich zunächst die Fahrschule Dickmann (im Kassenbuch der Straßengemeinschaft erwähnt ab 1953) und anschließend bis 1970 einige Jahre das Reisebüro Krause.

Werbeabzeige 1984

1970 haben Karl und Marianne Stein das Erdgeschoss und die Front des Hauses grundlegend umgebaut und ein großes modernes Ladenlokal für das Spielwarengeschäft errichtet. (Gibt es alte Fotos?) ... hat Sohn Reinhard den Laden übernommen. Durch einen Brand, vorrangig im hinter dem Haus gelegenen Lagergebäude, wurde der Betrieb des Geschäftes am 22.3.2011 abrupt beendet.[5] Karl Stein war bis zur Schließung im Geschäft noch zur Unterstützung seines Sohnes Reinhard aktiv.

Ellenstraße 40 u. 41, Mai 2014

Nach dem Brand war das Haus auch nicht mehr bewohnbar. Karl und Marianne wohnten noch einige Zeit in Hüls bei ihrer Tochter Ulrike. Marianne Stein (geb. am 30.9.1920) war zuletzt in einem Pflegeheim. Sie kehrte nicht mehr in ihr Elternhaus zurück und starb am 21. Mai 2013 nach 64 Ehejahren im Alter von 92 Jahren. Auch Karl Stein (geb. am 28.5.1922) war zuletzt in einem Pflegeheim in Hüls. Er starb gut zwei Jahre später am 26. Juni 2015 im Alter von 93 Jahren an den Folgen eines unglücklichen Sturzes.

Nachdem das Haus nach dem Brand jahrelang nicht schön anzusehen war und insbesondere den übrigen Geschäftsleuten der Ellenstraße ein Dorn im Auge war, berichteten die Rheinische Post und die Westdeutsche Zeitung im Februar 2017, dass das Haus nunmehr abgerissen und einem Neubau weichen wird:

"Der Stadt liegt ein Entwurf für einen Neubau vor. Weil der Altstadtkern als Denkmalbereich komplett unter Schutz steht, entscheidet der zuständige Ausschuss darüber.

Geplant ist ein Neubau, dessen Baukörper, insbesondere in der Höhe, sich am Bestand orientiert und dabei Trauf- und Firsthöhen jeweils der übernächsten Nachbarn übernimmt. Die direkt angrenzenden Häuser sind niedriger. „In städtebaulicher Hinsicht wird diese aus dem Bestand entwickelte Lösung für vertretbar gehalten“, heißt es in der Vorlage.

Der Baukörper selbst gliedert sich in vier schmale Fensterachsen, eine kleinteilige Ladenfront im Erdgeschoss und ein ausgebautes Walmdach mit einer Gauben. Die Form des Daches bezieht sich auf den Bestand und steht im Kontext mit dem Walmdach des Eckhauses zum Buttermarkt. Ein geplantes Satteldach würde durch die hohen Giebelwände die niedrigere Nachbarbebauung erdrücken. In Gliederung und Proportionierung orientiert sich der Neubau an Vorgaben aus dem Denkmalbereich. Die Fassade wird verputzt."[6]



Zur Einschätzung des Hauses im Zusammenhang mit einem mögliche Abriss oder einer Renovierung schrieb am 9.12.2014 Herr Dr. M. Kieser (Wissenschaftlicher Referent beim LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland) an den Technischen Beigeordneten der Stadt Kempen Herrn Kahl am 9.12.2014 (Quelle: Stadt Kempen):

"Auf Grundlage der Besichtigung vom 03.11.2014 durch Landeskonservatorin Dr. Pufke sowie Frau Dipl.-Ing. Kollosche-Baumann aus unserem Hause stellen wir fest: Das Gebäude Ellenstr. 40 ist kein Baudenkmal im Sinne des §2 Denkmalschutzgesetz NRW. Es handelt sich um ein traufständiges Wohn- und Geschäftshaus zu vier Achsen, im Kern 19. Jh. oder älter, Fassade und Erdgeschoss 1970ff. durchgreifend umgebaut. Im Inneren sind einige einfache ältere Ausstattungsstücke (Treppe, vereinzelt Fenster, Türen u. Wandverputz) erhalten. Das Gebäude wurde bislang weder im Rahmen der flächendeckenden Denkmalerfassung der 1970er/80er Jahre noch im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Denkmalbereichs 1 "Stadtkern Kempen mit umgebenden Wallanlagen" erfasst und auch nicht als erhaltenswerte Bausubstanz im Rahmen der Denkmalbereichssatzung eingestuft. Eine besondere historische Bedeutung für Kempen oder die Geschichte des Menschen ist uns, über die bei kempedia.de gesammelten Bewohnerdaten hinaus, nicht bekannt. Die jetzt im Inneren dokumentierten vereinzelten Reste von historischer Ausstattung sind u.E. nicht geeignet, ein öffentliches Interesse an Erhaltung und Nutzung gemäß der Vorgaben des Denkmaischutzgesetzes zu begründen, da die historische Anschaulichkeit angesichts der durchgreifenclen Veränderungen der 1970er Jahre insgesamt nicht mehr gegeben ist. Schließlich ist auch die seinerzeit bei Erarbeitung der Denkmalbereichssatzung getroffene Entscheidung, das Haus nicht als prägend und daher erhaltenswert im Denkmalbereich einzustufen, angesichts des erheblich purifizierten und veränderten Erscheinungsbildes fachlich nachvollziehbar und auch aus heutiger Sicht vertretbar."[7]


Auch Reinhard Stein hat diese Planung und den Abriss seines Hauses nicht mehr erlebt. Er wohnte zuletzt in der Nähe seiner Tochter in der Eifel und verstarb plötzlich und unerwartet am 17. Juni 2017 im Alter von nur 67 Jahren.

Im März 2018 war es dann so weit. Eine Bauunternehmung rückte an, um das Gebäude zunächst in mühevoller Handarbeit zu entkernen und abzureißen. Die Rheinische Post schrieb: "Ins leer stehende Haus an der Ellenstraße 40 in der Kempener Altstadt sind die Handwerker eingezogen. Seit einigen Tagen wird das Gebäude für den Abriss vorbereitet. Derzeit läuft die Entkernung. Im Inneren des Wohn- und Geschäftshauses werden Versorgungsleitungen demontiert, Türzargen ausgebaut und das Gebäude für den Komplettabriss vorbereitet. Der soll etwa sechs bis acht Wochen dauern. Danach beginnt der Neubau."[8]

Die Bauarbeiten zogen sich recht lange hin und dauerten bis Anfang 2020. Zuerst wurde das Ladenlokal im Erdgeschoss fertiggestellt. Dort bieten die Eheleute Nicole und Christian Schroers seit Jahresbeginn 2020 in ihrem Geschäft Rudelglück Schönes für Mensch und Tier. Etwa im April wurden die Wohnungen in den oberen Etagen bezogen.




Die folgende Galerie zeigt einige Bilder vom Brand des Hauses im Jahr 2011 bis zum vollständigen Abriss im Mai 2018. Dazwischen lag das Haus 7 Jahre leer. Der Anbau war provisorisch mit einer Folie abgedeckt, die zum Leidwesen der Nachbarschaft lautstark im Wind flatterte.




Einträge in alten Adressbüchern

1879

  • Colonial- und Specereiwaarenhandlung Heinr. Adams, Kempen, Haus-Nr. 100

1898

  • Nösemes, Gottfr. Theod., Wwe.
  • Wyenberg van den, Theodor, Buchbinder u. Buchhändler, im Branchenteil auch unter Papier- und Schreibmaterialien

1912

  • van den Bergh, Leonh., Fabrikarbeiter
  • Uhrmann, Wilh., Schneidermstr., Ehefrau: Modistin
  • Uhrmann, Wilh. Ehefrau, unter: Modistinnen

1925

  • Anstötz, Anton, Kunst- u. Bauschlosserei, Eisenwarenhdlg., Fahrräder, Nähmaschinen, Herde, Tel. 134

1930/31

  • Anstötz, Anton, Inh. A. Körner, Tel. 203
  • Körner, Aloys, Kaufmann
  • Stabenau, Otto, Tischler
  • Tekolf, Gerh., Maschinenarb.

1937

  • Anstötz, A., Fa., Eisenwaren, Haus- und Küchengeräte, Inhaber: Aloys Körner
  • Körner, Aloys, Inhaber der Fa. A. Anstötz Nachf.
  • Schongen, Philipp, Maurer
  • Tekolf, Gerhard, Packer


nach 1952

  • bis 2011 Familie Stein, in den letzten Jahren nur noch Karl und Marianne
  • bis 1972 August und Wilhelmina Pothen

Quellen

  1. Adressbuch des Kreises Kempen/Rhein, 1898, Wyenberg van den, Theodor, Buchbinder u. Buchhändler, im Branchenteil auch unter Papier- und Schreibmaterialien
  2. Interessanterweise wohnt ein Alfons van den Bergh, ebenfalls Fabrikarbeiter, in der Ellenstraße 36.
  3. Adressbücher der Stadt Kempen, 1912 und 1925
  4. Unterlagen der Straßengemeinschaft Ellenstraße
  5. siehe auch WZ-Newline, 22.3.2011, Großeinsatz: Feuer über Spielwaren Stein und Nachbar rettet drei Menschen, WZ-Newline, 23.3.2011
  6. Westdeutsche Zeitung, 9.2.2017
  7. Quelle: Stadt Kempen
  8. Rheinische Post, 16.03.2018




Stichpunkte/Fakten:
Unterlagen der Strassengem.:
Sterbefall Körner: September 1956 (Aloys Körner)
4.9.53 Quittung Anton Anstötz, Inhaber M. Stein
Februar 1962 Sterbefall Berta Körner, verw. Anstötz
28.1.66 Quittung A. Anstötz, Inh. M. Stein
Mai 1966 Kranz Frl. Anstötz (das muss Caroline gewesen sein, die unverheiratete Schwester von Marianne Stein)
Ganz oben wohnten mal Schongen (Adressbuch 1937, Anfang der 60er Jahre aber nicht mehr), laut Adressbuch auch Gerhard Tekolf, später bis 1972 die Eheleute August und Wilhelmina Pothen.

24.10.72 Herr Pothen Kassenbericht; dann Verabschiedung, weil er in die Neue Stadt zieht.
16.8.1973 Herr Pothen 70 Jahre
18.11.78 Goldhochzeit der Eheleute Pothen (Foto vorhanden)
Marianne Stein, geb. 30.9.1920, gest. 21.5.2013 nach 64 Ehejahren


Todesanzeige:
Wilhelmine Pothen, geb. Hendrix, geb. am 13.4.1904, gest. am 7. Mai 1979 im Alter von 75 Jahren.
In stiller Trauer: August Pothen und Anverwandte;
Herr Pothen starb also später, und zwar kurze Zeit später.


Tanz des Goldhochzeitpaares Wilhelmine und August Pothen am 18.11.1978
Auf dem Foto von links nach rechts:
xxx, xxx (sitzend), xxx, xxx, Elisabeth Holtermann, W. u. A. Pothen, xxx, Luise Tendyck, Irmgard Tendyck



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